Diana Rautenberg – Real Life [Rezension]

Titel: Real Life
Autor: Diana Rautenberg
Genre: Roman
Erschienen: 29.12.2013
Verlag: Self Publishing
Seiten: 461
erhältlich als: eBook
Reihe: ja, Teil I/II

„Hi, mein Name ist Jojo und mein Motto lautet: Life sucks! Ich bin ein
Freak, weiblicher Nerd und Internetjunkie, mit einer Million gestörter
Persönlichkeits-Facetten und ‚Alienstrichcode‘ auf den Unterarmen. Mein
Therapeut erzählt mir ständig irgendetwas von Integration und sozialer
Kompetenz. Aber – ganz ehrlich – ich will das nicht. Ich wähle den
Real-Life-Exit, entscheide mich aus tiefster Überzeugung gegen Therapie
und Anpassung, und gehe lieber Leveln.
“ [Quelle:klick]

Über das Cover kann man nicht viel sagen. Der Hintergrund ist schwarz, die Schrift knallig pink, ansonsten sieht man nichts. Ich finde es zu schlicht und unauffällig.
Das Telefon klingelte.
Jojo lebt ziemlich zurückgezogen mit ihrem Mann Toby zusammen und hat sehr wenige soziale Kontakte. Dies ist aber durchaus von ihr so erwünscht wie man schnell durch ein liebloses Telefonat mit einer Freundin merkt. Sie ist gerne alleine und kann mit anderen Menschen nicht viel anfangen. Umso erstaunlicher ist es, dass sie sehr schnell Gefallen daran findet, mit Toby zusammen ein Online-Rollenspiel anzufangen, bei dem Toby die Spielfigur führt und Jojo mit anderen Spielern chattet. Schnell werden Freundschaften geschlossen und die beiden vergessen die Zeit vollkommen. Tag und Nacht wird nur noch gezockt und alles um die beiden herum gerät völlig in Vergessenheit.
Der einzige „reale“ Kontakt zu einem Menschen besteht für Jojo in spärlichen Besuchen bei ihrem Psychologen. Der ist auch dringend nötig denn Jojo hat massive Probleme mit sich selbst und dem Umgang mit anderen Menschen.
Dadurch, dass Jojo sich immer mehr in die Spiele-Welt verkriecht, werden ihre Probleme jedoch nicht weniger, ganz im Gegenteil. Als sie sich dann auch noch in einen ihrer Mitspieler verliebt kommen auch noch Probleme mit ihrem Mann Toby dazu und das Elend nimmt seinen Lauf.

Jojo ist ein ziemlich schwieriger Charakter und schwer zu durchschauen. Sie kommt überhaupt nicht mit ihren Mitmenschen zurecht und auch mit Toby hat sie massive Auseinandersetzungen, die oft handgreiflich enden. Mir war es während des Lesens oft ein Rätsel, wieso er überhaupt mit ihr zusammen ist. Sie bricht Toby fast die Nase und trotzdem hält er zu ihr. Ihm wird es erst zu viel als Jojo offensichtlich irgendeine Art von Gefühlen für einen Mitspieler entwickelt.
„Die sind bestimmt alle verklemmt. Man kennt diese Leute ja.“
 „Hm?“
„Na,
Computerfreaks. Nerds, Loser, Streber. Kiddies mit Hornbrille, blassem
Gesicht, Pickeln und sich bei Lara Croft einen runterholen.“ –
Seite 11
 Man sah die
Menschen nicht, mit denen man täglich chattete oder interagierte, und
trotzdem lernte man jemanden kennen. –
Seite 46

 

Ich bin ja überhaupt nicht bewandert was Computerspiele angeht und meine Zocker-Karriere beschränkt sich auf Pokemon, Die Sims und Siedler 2, worüber echte Zocker ja nur lachen können. Dennoch habe ich eigentlich alles in „Real Life“ verstanden, auch wenn einiges neu für mich war. Manchmal hat es sich etwas gezogen, das muss ich zugeben. Ich denke mal dass es für Freunde von Online-Spielen in den Teilen, die sich für mich gezogen haben, doch noch etwas interessanter ist.

Ich will es mal
so erklären: Jeder Mensch hat eine Grundpersönlichkeit. Die, die er
immer trägt. Wenn wir bei Freunden, in der Schule, im Büro oder beim
Einkaufen sind, verändern wir uns. […] Anders als bei mir. Das Kostüm
Johanna gibt es nicht. Ich habe keine Basis. Ich habe nur Rollen. –

Seite 285

 

Wo andere
Menschen auf ihr Neugeborenes blicken und vor Freude strahlen, bekam ich
diesen Gesichtsausdruck bei Büchern. Hinter jedem Buchrücken eine
andere Geschichte, ein weiteres Abenteuer, eine neue Chance. –
Seite 15
Was ich allerdings sehr interessant fand war die Interaktion zwischen Jojo und den anderen Spielern und darum geht es ja hauptsächlich in „Real Life“. Sie verändert sich sehr durch dieses Spiel und auch die Ehe mit Toby wird auf die Probe gestellt.

Klammheimlich
löste das virtuelle das Real Life-Weltgeschehen ab. Was interessieren
mich die Leute in Mosambik? Dort kannte ich kein Schwein. –
Seite 56


Ich hatte meine
Wahl getroffen. Ich entschied mich, von nun an in einer virtuellen Welt
zu leben. Ich war frei von weltlichen Zwängen. […] Ich war
lebensbejahend. Na gut, fast. Auf einer Skala von eins bis zehn, war ich
auf sechs Komma vier. Für meine Verhältnisse: sehr gut. – Seite 76
Das Ende ist sehr krass, finde ich. Zum Glück gibt es einen zweiten Teil, diesen habe ich aber bisher noch nicht gelesen.
 
Wir waren wie Nitroglyzerin: schnell entzündbar und mit enormer Zerstörungskraft. – Seite 313
„Es ist nicht fair, mich für Dinge zusammenzuscheißen, die ewig zurückliegen.“
„Ewig? Lol!“
„Red`nicht mit mir, als wäre ich ein Chat! Ich bin deine Frau. Willkommen im Real Life!“ – Seite 322
Und was waren das auf einmal für neue Töne: Ich mag Dany. Seit wann mögen wir andere Menschen? – Seite 333

 

Sehr gut gefallen hat mir der Schreibstil, denn dieser besteht hauptsächlich aus Chat-Dialogen und ist deswegen sehr kurzweilig.
 
Jojo pur und
auf Ex war einfach zu viel. Ab einem bestimmten Grad war ich für normale
Menschen ungesund und hochgradig giftig. –
Seite 416
Obwohl ich mit dem Zocken an sich nicht viel anfangen kann habe ich mich amüsiert bei „Real Life“. Es ist aber ziemlich speziell und ich kann mir vorstellen, dass viele Nicht-Zocker damit nichts anfangen können. Ich vergebe 4 von 5 Sternen.
Hier gelangt ihr zur kostenlosen Leseprobe: Klick

Diana Rautenberg wurde in Bielefeld geboren. Nachdem sie hochgradig aus
ihrer Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten geflogen
ist, ließ sie sich in die Psychiatrie einweisen. Mit der Diagnose F
60.31 im Gepäck macht sie sich 2007 auf, um in Neuseeland zu leben.
Heute
lebt sie zurückgezogen auf 90 qm², zockt MMO’s, arbeitet an einer
Fortsetzung von >Real Life< und organisiert ihr Leben über das
Internet.

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