Titel: Gut gegen Nordwind
Autor: Daniel Glattauer
Genre: Roman
Erschienen: 05.08.2006
Verlag: Deuticke
Seiten: 224
erhältlich als: eBook, Hardcover, Taschenbuch, Hörbuch
Reihe: ja, Teil I/II
„Gibt es in einer vom Alltag besetzten Wirklichkeit einen besser
geschützten Raum für gelebte Sehnsüchte als den virtuellen? Bei Leo
Leike landen irrtümlich E-Mails einer ihm unbekannten Emmi Rothner. Aus
Höflichkeit antwortet er ihr. Und weil sich Emmi von ihm angezogen
fühlt, schreibt sie zurück. Bald scheint es nur noch eine Frage der Zeit
zu sein, wann es zum ersten persönlichen Treffen kommt, aber diese
Frage wühlt beide so sehr auf, dass sie die Antwort lieber noch eine
Weile hinauszögern. Außerdem ist Emmi glücklich verheiratet. Und Leo
verdaut gerade eine gescheiterte Beziehung. Und überhaupt: Werden die
gesendeten, empfangenen und gespeicherten Liebesgefühle einer Begegnung
standhalten? Und was, wenn ja?“ [Quelle:klick]
Emma Rothner will eigentlich nur eine harmlose Email schreiben und damit ein Zeitschriften-Abo kündigen. Da die Zeitschrift „Like“ heißt und sie sich vertippt, landet ihre Email jedoch nicht bei „Like“ sondern bei Leo Leike. Nach den ersten Mails, bei denen Emma noch denkt dass sie die richtige Adresse benutzt hat, antwortet Leo ein Wenig gereizt, dass sie bei ihm falsch ist und schon mehrere Emails fälschlicherweise bei ihm gelandet sind.
Einige Monate später schickt Emma wieder eine Email an Leo: Eine Rundmail zu Weihnachten. Daraufhin entwickelt sich langsam aber stetig ein reger Email-Kontakt zwischen den beiden.
Emma, oder eher Emmi, wie sie sich Leo gegenüber immer nennt, schreibt von nun an fast jeden Tag mit Leo und die beiden freunden sich mehr und mehr an. Doch wer sind die beiden eigentlich und was verbindet sie miteinander? Reichen Emails aus um eine tiefgreifende Freundschaft aufzubauen? Und führt so eine Korrespondenz nicht automatisch dazu, dass man sich treffen will?
„Gut gegen Nordwind“ ist ziemlich außergewöhnlich denn das gesamte Buch besteht nur aus Email-Korrespondenz. Das ist zunächst etwas ungewöhnlich und ich habe mich zwischendrin auch öfters gefragt, ob da vielleicht in manchen Situationen umgeschwenkt und aus Erzähler-Sicht berichtet wird aber dem ist nicht so und ich finde das eigentlich auch sehr gut so. Es ist konsequent und auch wenn ich mir beim Lesen so manches Mal gewünscht hätte, die Situationen „zwischen“ den Mails mitzuerleben, so steigert es auf diese Weise doch sehr die Spannung und lässt viel Interpretationsspielraum.
der Ziellinie weg, und es gibt nur eine Richtung: zurück. Wir steuern
auf die große Ernüchterung zu. Wir können das nicht leben, was wir
schreiben. – Seite 161
Emmi und Leo sind mir sehr ans Herz gewachsen und ich habe wirklich mitgefiebert.
Daniel Glattauer ist auch bei „Gut gegen Nordwind“ wieder ein fantastischer Roman gelungen, der mich mehr als ein mal zum lachen gebracht hat und den ich nicht beiseite legen konnte. Die Emails zwischen Emmi und Leo sind sehr erfrischend und gespickt mit viel Wortwitz und Zynismus. Ich hab mich in Emmi gut hineinfühlen können denn ich hätte an vielen Stellen wohl genauso reagiert wie sie. Ich wäre auch total ungeduldig und würde unbedingt wissen wollen, wie mein Email-Partner aussieht. Leo ist da eher der Geduldige, was fetzige Dialoge über völlig verschiedene Ansichten garantiert.
meinen E-Mails an Sie so sehr die echte Emmi sein wie sonst nie. Im
„wirklichen Leben“ muss man, wenn es gelingen soll, wenn man den langen
Atem haben will, ständig Kompromisse mit seiner eigenen Emotionalität
eingehen: DA darf ich nicht überreagieren! DAS muss ich akzeptieren! DA
muss ich darüber hinwegsehen! – Ständig passt man seine Gefühle der
Umgebung an, schont die, die man liebt, schlüpft in die hundert kleinen
Alltagsrollen, balanciert, tariert aus, wiegt ab, um das Gesamtgefühe
nicht zu gefährden, weil man selbst ein Teil davon ist. – Seite 98
Glattauers Humor sucht seinesgleichen und konnte mich wieder absolut gefangennehmen.
Aber so witzig der Email-Dialog zwischen den beiden auch ist, so dramatisch kann er auch sein. Spitzt es sich doch immer weiter zu zwischen Emmi und Leo, reiben die beiden sich doch auch gerne aneinander auf. Aber es ist kein Wunder denn welche Art des Kontaktes könnte intensiver sein als ihrer?
Was bleibt eigentlich übrig wenn sich alles auf das geschriebene Wort reduziert? Was bleibt uns im Gespräch wenn wir weder Gestik noch Mimik mit einbeziehen können? Wenn wir nicht wissen ob unser Gegenüber die Augen verdreht, die Augenbraue hochzieht, schief lächelt oder sich lässig zurücklehnt? Was wenn wir nicht an der Tonlage erkennen können ob Ironie mit im Spiel ist oder nicht? Dann bleibt eins und das ist wohl das Wichtigste von allem: Es bleibt der Mensch, so wie er ist, pur und rein. Das Innerste wird nach außen gekehrt und man kann sich nicht verstecken hinter seinem Aussehen und seiner Wirkung.
Das ist etwas, was Daniel Glattauer in seinem Roman wunderbar herausgearbeitet hat. Denn ist es nicht völlig egal, wie der Mensch aussieht, mit dem wir uns gerne unterhalten? Sprechen da nicht die Vorurteile aus uns wenn wir den Menschen nach seiner Optik beurteilen und dementsprechend entscheiden, wie wir auf jemanden eingehen oder eben nicht? Davon kann sich wohl kaum ein Mensch freisprechen aber zumindest genauer darüber nachdenken sollte wohl jeder von uns einmal.
an Sie, in der Früh, zu Mittag, am Abend, in der Nacht, in den Zeiten
dazwischen und jeweils knapp davor und danach – und auch währenddessen. –
Seite 84
Emmi und Leo bauen ein absolutes Vertrauen zueinander auf, ohne sich dabei räumlich nahe zu kommen. Doch mit dem Vertrauen wächst auch die Abhängigkeit und bald bestimmen die beiden den gegenseitigen Tagesablauf mit und nichts ist mehr so wie es mal war.
Sehen Sie, lieber Leo, so beginnt ein guter Tag! Ich mache die Mailbox
auf und es leuchtet mir eine Nachricht von Leo Leike entgegen. Gestern:
schlechter Tag. Keine Mail von Leo. Kein gar nichts. Kein überhaupt
nichts. Kein bisschen etwas von Leo. Was soll aus so einem Tag werden? –
Seite 64
Wie ihr vermutlich einmal wieder gemerkt habt habe ich euch auch bei diesem Glattauer-Werk unheimlich viele Zitate zu bieten. Ihr könnt euch sicher denken was dann die Tage wieder kommt 😉 Ein Zitatepost! Es ist viel zu schade, die ganzen tollen Zitate einfach nur für mich zu behalten. Konserviert habe ich sie in meinem Herzen ohnehin schon!
Ich vergebe 5.000 Sterne und ein Bisschen Nordwind!
Daniel Glattauer, geboren 1960 in Wien, Autor und ehemals Journalist.
Bücher (u.a.): Die Ameisenzählung (2001), Darum (2003), Die Vögel
brüllen (2004), Der Weihnachtshund (Neuausgabe 2004), Theo. Antworten
aus dem Kinderzimmer (2010). Mit seinen beiden Romanen, Gut gegen
Nordwind (2006) und Alle sieben Wellen (2009), gelangen ihm zwei
Bestseller, die in zahlreiche Sprachen übersetzt und auch als Hörspiel,
Theaterstück und Hörbuch zum Erfolg wurden. Im Deuticke Verlag sind auch
der Roman Ewig Dein (2012) und die Komödie Die Wunderübung (2014)
erschienen. 2014 erscheint sein neuester Roman Geschenkt.
Ich liebe, liebe, LIEBE dieses Buch! Die großartigste Liebesgeschichte unserer Zeit!
Und die Fortsetzung "Alle sieben Wellen" habe ich genauso verschlungen! Mittlerweile kann ich "Gut gegen Nordwind" sogar fast auswendig, weil ich das Hörbuch immer wieder abends im Bett gehört habe. Das ist übrigens ähnlich gut, Andrea Sawatzki und Christian Berkel lesen Glattauers Roman, ich war begeistert! Ach, und im Theater gibt es Gut gegen Nordwind auch, habe die Inszenierung in Münster gesehen, sehr empfehlenswert…
Entschuldige die Informationsflut, aber Gut gegen Nordwind löst bei mir immer Begeisterungsstürme aus, und wenn jemand ähnlich begeistert ist wie ich, freue ich mich umso mehr!
Alles Liebe
Laura
http://laurassterne.blogspot.de/