Kevin Brooks – Bunker Diary [Rezension]

Titel: Bunker Diary
Autor: Kevin Brooks
Genre: Jugendbuch, Roman
Erscheinungsjahr: 2014
Verlag: Dtv 
Seiten: 300
erhältlich als: Broschiert, E-Book

„Sechs Personen in einem Bunker, festgehalten von einem namenlosen
Entführer, dessen Identität ebenso unklar ist wie sein Motiv. Der
sechzehnjährige Linus ist der Erste. Die neunjährige Jenny sowie vier
Erwachsene folgen. Der Willkür des unbekannten Täters ausgesetzt, suchen
Linus und seine Mitgefangenen nach einem Weg, in dieser gnadenlosen
Situation das zwangsweise Miteinander erträglich zu machen. Doch als der
Entführer beginnt, sie aufeinanderzuhetzen und anbietet, einen von
ihnen um den Preis des Lebens eines der anderen freizulassen, eskaliert
die Situation . . .“ [Quelle:klick

Linus ist 16 Jahre alt und Sohn eines reichen Comic-Zeichners, der in Saus und Braus lebt und darüber seinen Sohn vernachlässigt bis dieser keine Lust mehr auf seinen Vater hat und von zu Hause abhaut. Lieber lebt er auf der Straße, auf sich allein gestellt und frei.

Doch das Straßenleben hat so seine Tücken denn wenn man kein zu Hause hat dann hat man meist auch niemanden, der einen vermisst. Linus wollte Ruhe vor seinem Vater haben doch als der Teenager entführt und in einem Bunker eingesperrt wird, muss er sich langsam und widerwillig eingestehen, dass er ihn trotz allem tief in seinem Inneren vermisst.

Das ist jedoch das kleinste Problem denn Linus findet sich in einem Bunker wieder aus dem es keinen Ausweg gibt. Zunächst ist er ganz alleine, es wird aber schnell klar dass das nicht so bleiben wird denn in dem Bunker befinden sich 6 Zimmer und auch sonst deutet alles darauf hin, dass er noch 5 Mitgefangene bekommen wird. 

entführt und eingesperrt in einem Bunker

Der einzige Weg um mit dem Entführer zu kommunizieren ist ein Aufzug, durch den Lebensmittel und Botschaften in den Bunker und aus ihm hinaus transportiert werden können. Natürlich lässt der Entführer es nicht zu, dass sich jemand im Aufzug versteckt. 


Um die völlige Kontrolle zu erhalten sind im gesamten Bunker Kameras installiert und „der Mann da oben“ hat die Macht über Licht, Temperatur und alles was man zum Leben benötigt.

vollkommener Kontrollverlust

Die erste Mitgefangene die nach Linus in den Bunker gebracht wird ist die kleine Jenny, die im Laufe der Zeit zu Linus‘ bester Freundin wird. Er entwickelt schnell ein großes Verantwortungsbewusstsein für das Kind und versucht alles, damit es ihr gut geht.

Nach und nach vervollständigt sich die 6er-Gruppe mit völlig unterschiedlichen Menschen, die außer dem Bunker wohl keine Gemeinsamkeit haben, die jedoch irgendwie miteinander zurecht kommen müssen um zu überleben.

ACHTUNG: SPOILER ALARM. Wenn du das Buch noch lesen möchtest dann lies hier bitte nicht mehr weiter.

„Bunker Diary“ ist als Jugendbuch betitelt und ich muss vorweg schon mal sagen, dass ich so meine Schwierigkeiten mit dieser Eingruppierung habe. Kevin Brooks hat dieses Buch absichtlich düster gehalten und ist sich, wie er in seinem Vorwort schreibt, durchaus darüber bewusst was für eine Wirkung sein Buch haben kann. Er findet aber, dass die Jugend nicht nur fröhliche Bücher lesen sollte und begibt sich mit seinem neusten Werk auf sehr dünnes Eis. 

Spannung pur bis zur allerletzten Seite

Ich habe „Bunker Diary“ innerhalb von 24 Stunden verschlungen und konnte es wirklich kaum aus der Hand legen. Es hat mich so unglaublich gefesselt, ich wollte unbedingt wissen wie es weitergeht und was alles passiert. 

Linus schreibt im Bunker eine Art Tagebuch über alles was passiert und was sich in seinem Inneren abspielt und dieses Tagebuch bekommt der Leser vorgesetzt. Unverblümt und meiner Meinung nach absolut authentisch, so wie man sich ein Tagebuch in dieser Situation vorstellen würde. 

unverblümt und erschreckend authentisch

Dieser Erzählstil macht es dem Leser natürlich sehr einfach, sich in Linus hineinzuversetzen. Man wird sofort in die Geschichte einbezogen und ist genauso ratlos wie die Protagonisten selbst.

Allerdings konnte ich dadurch schwer den anderen Gefangenen neutral gegenüberstehen. Ich habe automatisch Linus‘ Meinung übernommen, was für den ein oder anderen Leser vielleicht negativ sein mag. Die Akzeptanz, die Linus im Laufe des Geschehens für seine Situation entwickelt, nagte an mir denn ich wollte die Hoffnung noch nicht aufgeben.

„Alles war still. Alles war normal. Alles Routine. Es gibt immer Routine, egal wo du bist. Da gewöhnst du dich dran. Licht an um acht, Aufzug runter um neun. […] Es gefällt mir nicht, aber ich gewöhne mich dran. Und wenn du dich dran gewöhnt hast, fühlt es sich nicht mehr so schlimm an.“ – Seite 54

Gruppendynamik

Die Gruppe entwickelt sehr schnell eine eigene Dynamik, die Spannung war für mich permanent vorhanden. Es gab keine Stelle die ich überflüssig oder langatmig fand. Ganz im Gegenteil hat mich das Buch gegen Ende hin immer mehr überrascht und gefesselt. 

Ich tue mich wirklich etwas schwer mit dieser Rezension weil ich nicht zu viel verraten möchte. Ich fand „Bunker Diary“ fantastisch aber auf der anderen Seite auch wirklich schrecklich weil es so realistisch ist.

Je mehr die Geschichte voranschreitet desto verzweifelter wurde ich. Das ganze Buch (natürlich insbesondere das Ende) ließ mich schockiert und tief ergriffen zurück.

Ich musste erst einmal tief durchatmen und das Ganze auf mich wirken lassen. Ich kann wohl behaupten, dass mich bisher noch kein Jugendbuch so sehr mitgenommen hat wie „Bunker Diary“.

Doch mit ein Wenig Abstand erkenne ich nun, dass bestimmte Ereignisse und das Ende einfach unumgänglich waren und dass das Buch davon lebt, dass man schockiert und ergriffen ist. 

schockierend und hochemotional 


In einem Bunker eingesperrt zu sein und nichts über den Entführer und seine Absichten zu wissen KANN einen nur ergreifen. Niemand will je in so eine Situation kommen und doch kann es uns passieren. Dieser Gedanke ist an sich schon so schlimm, dass zu dem Thema einfach kein heiteres Jugendbuch mit Happy End passt. 

Für mich war das Ende trotz diesen Wissens wirklich grausam – was auch dadurch unterstrichen wird dass Linus die Ereignisse am Ende relativ neutral niederschreibt. 

„Es ist schwer, so zu tun, als ob einem alles egal ist. So schwer, dass du anfängst zu weinen.“ – Seite 125

nachhaltig beeindruckende Geschichte

Ich bin nachhaltig beeindruckt von „Bunker Diary“ und werde mir mit Sicherheit auch die nächsten Tage noch viele Gedanken dazu machen weil es mich sehr mitgerissen und sprachlos gemacht hat. Ich ziehe meinen Hut vor Kevin Brooks, der sich mit seinem gewählten Ende sehr angreifbar macht und dennoch so souverän dazu steht.

Die Geschichte ist wirklich beklemmend und ganz sicher keine leichte Kost aber genau das spiegelt das Thema der Entführung ganz deutlich wieder und macht das Ganze so authentisch.

Ich vergebe an „Bunker Diary“ sehr überzeugt und ergriffen 5 von 5 Sterne.

 

 

Ich bedanke mich recht herzlich beim Dtv für das Rezensionsexemplar!

Kevin Brooks Autor

Kevin Brooks über „Bunker Diary“: „Die Ausgangsidee war stark von einem meiner Lieblingsbücher beeinflusst, von John Fowles‘ Roman „Der Sammler“. Die Grundidee, Menschen zu entführen und sie wie Haustiere gefangen zu halten, wollte ich aber noch deutlich extremer gestalten. Warum und von wem diese Leute entführt wurden, sollte völlig im Dunkeln bleiben. Ich wollte alles auf ihre Situation konzentrieren. In meinem Roman ist es wie im Leben: Warum etwas passiert, ist egal. Am Ende geht es nur darum, wie du damit klarkommst, wie du überlebst.“

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