Antonia Michaelis – Niemand liebt November [Rezension]

Titel: Niemand liebt November
Autor: Antonia Michaelis
Genre: Roman| Jugendroman
Erschienen: 20.08.2014
Verlag: Oetinger
Seiten: 432
erhältlich als: Hardcover, eBook
Reihe: nein

„Schatten der Vergangenheit: ein Spiel um Leben und Tod.

Kurz vor Ambers sechstem Geburtstag verschwanden ihre Eltern auf unerklärliche Weise. Jetzt ist Amber, die eigentlich November heißt, 17 Jahre alt und glaubt, eine Spur zu haben. Doch was hat es mit dem Jungen auf sich, der in dem erleuchteten Zelt ein Buch liest, sich aber in Luft auflöst, sobald sie sich ihm nähert? Welche Ziele verfolgt der Kneipenwirt, zu dem sie sich immer stärker hingezogen fühlt, und der immer für sie da zu sein scheint? Steckt er vielleicht sogar hinter den anonymen Drohungen, die sie erhält? Amber muss sich entscheiden: zwischen ihrer zerstörerischen Vergangenheit und dem Aufbruch in die Zukunft.“ [Quelle:klick]

Das Cover passt einfach so wunderbar und ich liebe es! Man sieht November von hinten durch einen Wald oder einen Park laufen und man sieht das mysteriöse gelbe Iglu-Zelt. Treffender hätte es einfach nicht sein können!

[Etwas mehr als der erste Satz aber bei diesem besonderen Buch kann man mal eine Ausnahme machen!]

Zwei Fragen.
Erstens: Ist es sinnvoll, weiterzuleben?
Zweitens: Ist es sinnvoll, alleine Geburtstag zu feiern?

November ist nicht nur ein Monat, nein, es ist auch ein 17 jähriges Mädchen, was vollkommen den roten Faden in ihrem Leben verloren hat. Zwischen Realität und Einbildung zu unterscheiden fällt ihr schwer. Doch was sie weiß ist dass ihre Eltern sie verlassen haben als sie 6 Jahre alt war. Sie sind einfach verschwunden und seitdem lebt November, auch Amber genannt, in Heimen und Pflegefamilien doch ihr Herz hängt eigentlich nur an ihrem treuen Begleiter, der Katze.

So kommt es, dass November eines Tages aus dem Heim flieht und sich auf die Suche nach ihren Eltern Wolf und Lenja Lark macht. Sie schläft in viel zu kalten Hausfluren und landet schließlich in der Kneipe Bottled, wo sie eine Spur zu Wolf vermutet. Der Barkeeper mit dem seltsamen Namen Katja nimmt sich mehr oder weniger ihrer an und so treibt November durch ihr Leben. Sie schminkt sich und umgarnt die Männer und nennt sich dabei Lucy. Sie tut alles um Informationen zu bekommen, sie gibt sich dafür vollkommen her und macht sich mit jedem Tag ein Stückchen mehr selbst kaputt. Und dann ist da noch der mysteriöse Junge im gelben Iglu-Zelt, den sie andauernd irgendwo sieht, den sie aber nie erreicht. Wie hängt das alles zusammen und kann sie ihre Eltern finden?

Dieses Buch ist alles – nur nicht das, was man erwartet.
Es ist traurig, schrecklich, schön, fantastisch, poetisch, schockierend, ehrlich und gelogen. Es ist Realität und Einbildung, alles in einem. Auf jeder Seite vereinen sich Wahrheit und Wahrnehmung, bilden zusammen ein Gebilde aus wunderbaren Worten und rammen uns gleichzeitig beim Lesen das Messer in die Brust. Und drehen es.

Wer in einer solchen Nacht die Augen schloss, riskierte zu leicht, zu verschwinden und nie wiederaufzutauchen. – Pos. 116″

„Niemand liebt November“ ist ein Meisterwerk. Ich weiß nicht wie ich es anders beschreiben soll denn es lässt mich wirklich sprachlos zurück. Es ist das erste Buch von Antonia Michaelis das ich gelesen habe und es hat mich von der ersten Seite an so sehr in seinen Bann gezogen, dass ich dachte ich würde mit November in dem Riss zwischen den Realitäten verschwinden. Würde einfach durch die Seiten gezogen und verloren gehen.

Glaubst du, dass Straßen verschwinden können?, fragte sie die Katze. 

Straßen?
Die Katze begann, ein Hinterbein zu putzen. Straßen sind dazu da, dass man sich darauf sonnen oder sich unter Autos verstecken kann, wenn unangenehme Ideen vorüberkommen. Sie sind nicht dazu da, zu
verschwinden.
– Pos. 1806

Der Plot an sich lässt sich schwer beschreiben ohne wichtige Details zu verraten. Kurz zusammengefasst ist November auf der Suche nach ihren Eltern und macht sich dabei selbst kaputt. Ihr wichtigster Begleiter ist die Katze, welche ihr nicht gehört – weil die Katze sich selbst gehört – November aber bei jedem Schritt zur Seite steht. November kann mit ihr reden und ab und zu verwandelt sie sich selbst in eine Katze. Das ist auch wichtig denn als Katze lässt sich das Leben so viel einfacher ertragen…

Alles okay mit dir?“, fragte er. Amber nickte langsam. Nie, dachte sie, war ein Nicken eine solche Lüge gewesen. – Pos. 276

Das ganze Buch über habe ich mich gefragt, ob es die Katze wirklich gibt oder ob November sie sich einbildet. Dieses Spiel mit dem Leser, der immer wieder neu grübelt was wahr ist und was nicht, beherrscht Antonia Michaelis in Perfektion. Und das finde ich wirklich grandios denn soetwas kenne ich bisher nur aus einigen sehr guten Psychothrillern. Noch nie ist mir soetwas in einem Roman begegnet und so extrem hatte ich es auch nicht vermutet.
November macht sich selbst kaputt, man will sie schütteln und ihr ins Gesicht schreien dass sie endlich aufwachen soll. Doch alles was dem Leser bleibt ist atemlos ihrer Entscheidungen beizuwohnen und zu hoffen, dass alles ein gutes Ende nimmt.

Wenn Fakten nichts mehr taugen, dann schließe deine Augen, und mal dir eine Wahrheit voll absoluter Klarheit. Und dann vergiss das Ganze. Und tanze,
tanze, tanze.
– Pos. 439

Ich bin wirklich beeindruckt von „Niemand liebt November“ und lege jedem ans Herz, dieses Buch zu lesen. Nehmt euch Zeit für dieses Buch denn es verdient es, dass man über die Worte nachdenkt und sie nicht einfach nur herunterschluckt. Ihr müsst sie genießen, auch wenn die Worte oftmals schreckliche Dinge beschreiben.  Aber verschwindet bitte nicht zwischen den Seiten.

Das Leben besteht im Allgemeinen und im Besond’ren, im Großen wie Kleinen, aus Abwesenheiten und Nichtexistenzen, verlorenem Spiel und verlorenen
Tänzen. Das Leben besteht leider eben nur selten auch aus Leben.
– Pos.
1435

Meine Katzen und ich – wir reden natürlich auch gerne miteinander – vergeben für „Niemand liebt November“ 5 von 5 Sternen. LESEN! SOFORT!


Antonia Michaelis wurde 1979 in Norddeutschland
geboren und wuchs in Süddeutschland auf. Nach dem Abitur zog es sie in
die weite Welt. Sie arbeitete unter anderem in Südindien, Nepal und
Peru. Heimgekehrt studierte sie in Greifswald Medizin und begann
parallel dazu, Geschichten für Kinder und Jugendliche schreiben.

Seit einigen Jahren lebt sie nun als freie Schriftstellerin in der
Nähe der Insel Usedom und hat zahlreiche Kinder- und Jugendbücher
veröffentlicht. Facettenreich, fantasievoll und mit großem Erfolg.
Gleich ihr erstes Buch für junge Erwachsene, Der Märchenerzähler, wurde für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.

4 Gedanken zu „Antonia Michaelis – Niemand liebt November [Rezension]

    1. Danke sehr liebe Kasia 🙂
      Schön, dass meine Rezi dir gefällt. Ich hab das Buch wirklich sehr ins Herz geschlossen und freue mich schon auf ihre anderen Bücher! Ich hoffe ich komme ganz bald dazu den Märchenerzähler zu lesen.

      Liebst,
      Johanna

  1. Der Märchenerzähler wär tatsächlich mein erstes Buch von ihr. Danach war mir klar, dass ich schnell Nachschub brauche 😀
    Und das Buch habe ich tatsächlich schon mehrmals gelesen – es zählt zu meinen absoluten Lieblingen <3

    Liebste Grüße,
    Kasia

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